AW 213 - Kindergärten und Jugendhäuser
Schriftenreihe „Architektur + Wettbewerbe“
Bei den entscheidenden Fragen zur Familienpolitik und Kinderbetreuung
befand sich die deutsche Politik noch bis zur Jahrtausendwende buchstäblich in einer Art komatösem Tiefschlaf – ganz so, als ob sich die Welt für Frauen und Familien seit den 1960er Jahren nicht verändert hätte. Erst die Weckrufe des ersten PISA-Schocks im Jahr 2000 und der zeitgleich von Demoskopen lancierten Sorge, die Deutschen würden aussterben, wenn sie weiterhin so wenige Kinder zur Welt brächten, führten dazu, dass bis dato eine hitzige innenpolitische Auseinandersetzung über den Ausbau von Kinderkrippen, die Erhöhung des Kindergelds und die so genannte »Herdprämie« (das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen) stattfindet. Aufgabe einer auf die Dokumentation von realisierten Beispielen, geplanten Projekten sowie Wettbewerbsentscheidungen spezialisierten Architekturzeitschrift ist es sicher nicht, die aktuelle Debatte und das mittlerweile daraus entstandene Flickwerk an eingeleiteten Maßnahmen zu kommentieren. Dennoch zeigte sich bei der Recherche und Auswahl der Objekte für diese Ausgabe einmal mehr, welchen Einfluss politische Entscheidungen letztlich auch auf die Architektur haben. Wenn es Bauherren beziehungsweise den Trägern der Einrichtungen an finanziellen Möglichkeiten mangelt, kann ein Kindergarten hierzulande oft nicht mehr als eine »Aufbewahrungsstätte« sein. Aufgabe der Architekten ist es, räumliche Konzepte zu entwickeln, die den Kindern – trotz oder gerade wegen der bislang unbefriedigenden Situation – eine anregende, kindgerechte Umgebung ermöglichen. Die in dieser Ausgabe vorgestellten Beispiele stammen überwiegend aus anderen Ländern; sie zeigen, was eigentlich auch in Deutschland möglich sein müsste.